Liebe Spitz-Freunde,
hier ist immer wieder viel von „Erziehung“ die Rede; davon, wie ich meinem Hund dieses und jenes beibringe, und wie ich ihm andererseits dieses und jenes abgewöhne etc.
Fragt man Hundebesitzer, was sie von ihrem Hund erwarten, kriegt man u.a. so Antworten wie: „Er soll funktionieren“. Was genau damit gemeint ist, ist wahrscheinlich so unterschiedlich wie die Bedürfnisse der Hundehalter, aber grundsätzlich gilt wohl: Er soll vor allem gehorchen, und zwar ohne, dass man große Mühe hineinsteckt, und vor allem, ohne dass man sich Gedanken macht, wie das wohl zu erreichen sei.
Ich kenne Leute, die rufen: „Bobby, Hier Fuß! Und Sitz!“ Jetzt darf der Hund sich eins von diesen Dreien aussuchen – Chance 1:2 gegen den Hund. Wenn er kommt und irgendwie in Armlänge stehen bleibt – sind die meisten ja schon zufrieden; Pech nur, wenn der Arm zu kurz ist … In aller Regel haben solche Hunde schnell gelernt, bloss nicht zu dicht an Herrchen/Frauchen ran zu kommen – weil sie dann nämlich angeleint werden. Sie stehen also in sicherem Abstand – und weichen aus, sobald der Arm kommt …
„Fuß“ – damit wissen die wenigsten Hunde was anzufangen, sie haben das nicht gelernt. Für die meisten Leute bedeutet es auch nichts – es wird aber immerzu gerufen …
Und wenn nach dem Ruf „Hier Fuß! Sitz!“ der Hund brav dort „SITZ“ macht, wo er gerade ist – hat er schon wieder verloren - denn das wollte Herrchen/Frauchen ja gar nicht, dass er meilenweit weg sitzt … Herrchen/Frauchen wird sich dann selbst zum Hund begeben – also was soll dann das „Hier“ - ???
Und woher soll ein Hund wissen, was gerade gemeint ist?
Und so kommt es dann, dass die Besitzer sagen, der Hund ist dumm, oder ungehorsam, und dass es zu gefährlich ist, ihn laufen zu lassen …
Manche schimpfen ihren Hund dann auch als „Mistvieh“. Gut, das rutscht einem mal raus, ist auch o.k., wenn das mal so eine Situation ist. Aber wenn sich ein Verhältnis herausbildet, wo der Hund dem Herrn nicht mehr traut, weil alles so diffus ist, und wo der Herr dem Hund nicht mehr traut, weil der halt grundsätzlich gelernt hat, dass es besser für ihn ist, wenn er selbst entscheidet – dann wird der Alltag schnell zur Plage!
Worauf sind unsere Hunde angelegt?
Nun, sie sind Nasentiere, und sie sind Langstreckenläufer, sie sind qua Natur Jäger! Rassespezifisch sind sie mehr oder weniger jagdeifrig, mehr oder weniger verteidigungsbereit, oder mehr auf „Hüten“ selektiert, oder auf „Apportieren“, oder auf „Couch liegen“ – ja, die Couch-Potatoes gibt’s natürlich auch.
Aber grundsätzlich gilt: In ihren rassespezifischen Eigenschaften sind sie nicht nur knallhart – sondern sie haben da auch so ihre Bedürfnisse!
Und obendrein: Sie sind sehr sehr sehr sozial! Kein Wolfsrudel könnte überleben - Beute machen, Welpen behüten - wenn nicht jeder ganz selbstverständlich seine ihm spezifisch zugewiesene Aufgabe wahrnehmen würde!
Diese Aufgaben sind komplex, und sie erfordern viel Konzentration aufeinander. Teamwork eben.
Die Aufgaben sind auch spannend, auch anstrengend, auch oft schwer. Sie erfordern alle tollen Eigenschaften des Individuums: körperlichen Einsatz, mentales Zielbewusstsein, seelische Stabilität, d.h. die Fähigkeit, Niederlagen zu verkraften und es noch einmal zu versuchen, wenn was „daneben“ ging, wenn der Erfolg ausbleibt.
Für seelische Stabilität aber braucht es eben auch – Erfolge! Die Freude an der eigenen Vitalität! Die Freude an der eigenen Intelligenz! Und die Freude an gelungener Team-Work!
Anstrengung, Aufgaben, die Sinn machen, Fähigkeit zur Bewältigung dieser Aufgaben und das Glücksgefühl, wenn sie geschafft ist! Lob vom Chef in Form von gemeinsam gelebter Vitalität (Springen, Hüpfen, Herumtollen, Jaulen) oder in Form von Fressen, Sonderzuteilung. Das tut der Seele gut!
Was aber machen wir mit unseren Haushunden, die ja das alles in sich tragen und leben wollen?
Wir geben sie einer entsetzlichen Langeweile preis und lehren sie stümperhaft irgendwelche sonnlosen Kommandos, die sie so, wie das gemacht wird, nicht verstehen können.
Sie würden nicht ihre Kraft und ihre Klugheit spüren. Sie dürfen weder toben noch „Beute“ machen (kann man super gut in den Alltag integrieren), sie kriegen überhaupt keine Aufgabe außer „Fuß“ – „Sitz“ – „Platz“ – und das Ganze durcheinander gemengt ohne Sinn und Verstand.
Wenn „Fuß“ eine echte, spannende Aufgabe ist – dann ist es auch toll für den Hund! Dann ist es mental anregend und seelisch stabilisierend! Dasselbe gilt für die anderen Kommandos!
Und wenn das nicht alles ist im Leben eines Hundes – wenn der gemeinsame Alltag stimmt – dann ist das ein Glücksrezept …
Liebe Grüße