Liebe Spitzfreunde,
bez. "Jagdverhalten" habe ich geäußert, dass Kastration meiner Erfahrung nach das Jagdverhalten nicht eindämmen kann. Dazu hatte Silvia eine Anmerkung, die nach einem neuen Thema verlangt:
Zitataber wieso sind für dich wesensänderungen nach kastration ammenmärchen? oder hab ich das nun auch falsch verstanden?
also das kann ich nicht bestätigen. da sind mir reichlich fälle bekannt, wo der hund gleichgültiger und wesentlich ruhiger (geradezu langweilig) geworden ist.
Ich kenne sehr viele kastrierte Hunde jeder Rasse, Rüden und Hündinnen.
Ohne ins Detail zu gehen, kann ich generell dazu sagen:
Es ist eine Sünde und eine Schande, wie sorglos viele Leute einfach drauflos kastrieren lassen - und das bereits vor der Pubertät ihrer Hunde! Ich weiß, dass man mir hier im Forum überwiegend zustimmen wird: Kastration sllte ohne spezifische Indikation nicht durchgeführt werden, Frühkastration ist eine Sünde und eine Schande!
Zur Wesensbeeinträchtigung kann ich sagen: Frühkastrierte Hunde zeigen schwere Defizite, die sie nie wieder aufholen können. Auch hierüber dürfte Einigkeit bestehen.
Spät kastrierte männliche Tiere (Pferde ebenso wie Hunde) behalten jedoch überwiegend ihr Wesen; dies gilt insbesondere für triebliche Veranlagung wie beim Hund z.B. das Jagen. Auch schlechte Erziehung, schlechte Bindung an den Menschen bis hin zu Ungehorsam oder schlechte Verhaltensweisen wie Angstaggression werden durch Kastration keinesfalls unterbunden. Dazu gehört dann schon etwas mehr als einfach nur das Messer des Tierarztes: Einfühlungsvermögen und Führung zum Beispiel wären sowohl bei kastrierten als auch bei unkastrierten Rüden nicht schlecht.
Selbstverständlich wirkt sich die Kastration bei Rüden auf das Sexualverhalten gegenüber Hündinnen aus. Notgeile Rüden können - müssen aber nicht zwingend - etwas ausgeglichener werden und verlieren ggf. ihr pausenloses "Besteigungsverhalten". Bei unserem Am. Staff. Tyson - hier bereits vorgestellt - ist das aber zum Beispiel auch nicht der Fall: Führung und Verständnis für den kastrierten Tyson war angesagt, damit er Menschen und Hündinnen nicht mehr umklammerte. Und absichern müssen wir Tyson nach wie vor - damit er seinen männlichen Feinden nicht an den Pelz geht - denn Rüdenverträglichkeit ist keine Folge der Kastration, dasselbe gilt für Hündinnenverträglichkeit.
Ob das Temperament leidet, ist ebenfalls zu einem hohen Prozentsatz eine Frage der Führung und des Alltagslebens des Hundes. Powerspiele mit anderen Hunden und Menschen (dem HF), Fahrradfahren, ausgiebiger Freilauf - also ein rundum artgerechtes Hundeleben - mindern sehr wohl das Risiko, einen schlaffen, müden, langweiligen Fresser zu bekommen. Hier habe ich erlebt, dass die Gefahr des Temperamentverlustes bei Hündinnen m.E. größer ist als bei Rüden.
Selbstverständlich muss bei Kastraten mehr als bei unkastrierten Hunden auf die Fütterung geachtet werden. Ein fetter, zu Bewegungsarmut verdammter Hund wird allerdings immer zu Schwerfälligkeit und Schlaffheit neigen und dies ggf. mit Gebell und anderen Frusthandlungen kompensieren, egal ob er kastriert ist oder nicht. Die Hunde, die ich im Alltag erlebe - Rüden, Hündinnen, kastriert oder unkastriert - sind sehr oft zu dick, und ihre Besitzer werden in aller Regel sauer, wenn man ihnen das sagt. Also sage ich es lieber gar nicht und versuche, die Leute immer wieder zu Teamwork anzuleiten.
Soviel erst einmal dazu.
Liebe Grüße