München 1997
Vorsicht, lang!
Dass die Katzen und Hunde ihren eigenen
Himmel hatten,
Damit war ich gar nicht einverstanden.
Und der liebe Gott sagte,
Das liegt zu weit weg,
Das schaffen wir diesmal nicht.
Wenn wir nur in ihre Nähe kommen, sagte ich.
Es könnte ja vielleicht sein,
Dass sie manchmal aus dem eigenen Himmel
Weglaufen
Und erst nach 14 Tagen wieder
In ihren eigenen Himmel zurück kehren.
Ich merke schon, was Du willst
Sagte der liebe Gott
Aber was Du meinst das kommt ganz selten vor!
Unser Kasper sagte ich
Unser Kasper ist einmal 14 Tage von zuhause weggelaufen
Weil die Schwoma
Die kennst Du nicht ...
Doch, die kenne ich schon! sagte der liebe Gott.
Das ist die Schwiegermutter von Deiner Tochter,
Stimmt’s?
Ja, richtig, sagte ich, woher kennst Du sie denn?
Das spielt doch keine Rolle, sagte Er, erzähl weiter!
Also die Schwoma musste ins Krankenhaus
Und da ist der Kasper wohl hinterhergelaufen
Hat sie natürlich nicht gefunden und kam erst
Nach 14 Tagen halb tot zurück
Und lag völlig erschöpft und abgemagert auf
Der Wies
Vor unserem Haus
Und hatte nicht mehr die Kraft, sich ins Haus
Zu schleppen
Und genau an dem Tag, an dem wir ihn
Auf der Wiese entdeckten
Kam auch die Schwoma aus dem Krankenhaus
Zurück.
Du siehst, sagte ich, es gibt solche Wunder
Und Du bist doch der liebe Gott
Und bist doch ein einziges Wunder
Und hast mir versprochen, dass ich
Alle meine Nächsten
Wieder sehe.
Und Du kannst doch die Katzen mal ganz zufällig aus dem eigenen Himmel kommen lassen!
Da guckte mich der liebe Gott ganz groß an,
So hatte er mich noch nie angeguckt
Und sagte
Wenn es so sehr Dein Wunsch ist,
und Dein Herz so sehr daran hängt,
und Deine Erinnerung Dich so sehr gefangen hält
Und Deine Liebe so groß ist wie sie heute ist,
dann soll es sein, dass Deine Katzen
Dir entgegen kommen
Und gut behütet wieder in den eigenen Himmel zurück kehren werden.
Du kannst sie leider nicht mitnehmen,
es gibt Himmel und Erde,
und wer einmal hier ist,
der bleibt hier
und hat das ewige Leben!
Dafür haben wir keine Hölle!
Ich weiß immer noch nicht , ob das die richtige Regel
Die beste Ordnung ist!
Wir haben darüber schon oft und lange im
Cafe Pilatus
Diskutiert
Sogar mit mongolischen Philosophen
Einige Jesuitenzöglinge sind immer dabei
Und natürlich auch Narren aus allen Ländern
Der Erde
Wenn ich die Katzen nur kurz sehe, sagte ich...
Gute sagte der liebe Gott.
Wir gingen in diesem Augenblick einen leichten Hügel hinauf,
Und als wir auf dem sanften Hügel standen,
Vor uns das Land sahen,
Da kamen sie.
Ich sah sie von ganz weitem kommen
Und wollte ihnen entgegen laufen
Bleib stehen! Sagte der liebe Gott
Bleib hier oben stehen
Sie kommen schon!
Du verjagst sie sonst nur!
Es waren fünf
Aber ich zählte sieben
Es sind noch zwei Hunde mit dabei
Sagte der liebe Gott
Bubu und Sheila
Hundert Meter lagen noch zwischen uns
Der kleine Paul
Mein Prinz Rosenohr ging ganz außen rechts
Sarah mit ihren Stulpenstiefelfüßchen ging ganz links.
In der Mitte lief mein Kasper, mein Parsival, neben ihm die schöne Lies
Und auf der anderen Seite Griesgrau oder auch
La Diagonale
Weil die immer diagonal über unseren
Frühstückstisch
Gegangen war.
Der liebe Gott guckte mich an als wollte Er sagen:
Du hast es so gewollt!
Jetzt reiß Dich zusammen!
Liese war die erste, die uns erreichte
Blind, neunzehn Jahre alt
Aber sie sah immer noch so aus wie eine
Primaballerina
Aus Petersburg
Die mir sagen wollte:
Mein Pelzgeschäft ist ganztägig geöffnet!
Lieschen – sagte ich und kraulte sie
Und sie schnurrte sofort
Und rieb sich mit ihrem Köpfchen an meiner Hand.
Kasper hatte immer noch diesen schweren
Gemütvollen Blick
Und darin stand deutlich geschrieben:
Geh’n wir jetzt wieder nach Hause?
Paul sprach nicht, aber sagte mir:
Ich habe Bäume im Himmel, wie auf der Erde,
bäume und kann klettern.
Und Griesgrau machte ongel ongel ongel
Sie konnte einfach nicht miauen
Ongel ongel
Und Sarah guckte mich immer noch skeptisch an
Sie war auf der Erde von Flohmarkt zu Flohmarkt
Geschleppt worden
Bis meine kleine Anna sie mit nach Hause brachte.
Aber Sarah blieb scheu und misstrauisch.
Wo habt Ihr Eure toten Kinder – fragte ich
Die sehen wir ein andermal sagte der liebe Gott.
Wurzel, Felix und Pünktchen nicht zu vergessen,
Und Stromele und Bella
Ihr müsst mal die Mutti besuchen!
Sie macht immer noch Fiske für Euch!
Bei dem Wort „Fiske“ machte Griesgrau einen Sprung
Denn immer wenn es Fisch gab war sie
Nicht zu halten.
Und dann standen die beiden Hunde vor mir
Hündinnen waren es,
Bubu und Sheila,
Sie gehörten meiner jetzigen Frau Chris und
Ihrer Familie.
Und Bubu war um die Nase noch weißer geworden
Und sah aus
Wie ein frecher Clown.
Sie war im Teich ertrunken und leckte jetzt meine Hand
Und Sheila rieb sich an meinem Bein
Sie hatte auf dem Sofa immer neben mir gelegen
Und mich einmal blitzschnell in den kleinen Finger
Gebissen
Als ich sie etwas unglücklich
Im Schlaf
Am rechten Ohr streichelte.
Der liebe Gott hatte plötzlich Brekkies zur Hand und
Streute sie den Tieren hin,
und alle aßen und knackten und schmatzten vor sich hin
wie hatte ich dieses Geräusch geliebt!
Wir sahen schweigend zu
Und ich muss sagen
Hier fiel mir der Abschied am schwersten.
Kasper guckte mich an als wollte er sagen:
Du nimmst uns ja doch nicht mit!
Dann drehte er sich um und ging den Hügel hinunter.
Die Hunde folgen ihm
Dann Sarah
Dann Griesgrau
Dann Paul
Nur Liese blieb noch einen Moment.
Lieschen – sagte ich
Lischen
Lischenne
Königin
Schone Schenne
Schenne Schone
Ich sprach indianisch mit ihr.
Königin
Schone Schenne
Schenne Schone
Komm gut nach Hause! Sagte ich
In Deinen eigenen Himmel
Wir sehen uns wieder.
Und dann lief Lieschen hinter den anderen her.
Mach Dir keine Sorgen, sagte der liebe Gott
Sie haben genug Milch und Wasser
Und brauchen keinen Tierarzt mehr und
Keine Mäuse...
Fast musste ich lachen
Und ich sah der kleinen Karawane
Noch minutenlang nach.
Wissen die Tiere eigentlich – sagte ich zum lieben Gott
Wieviel sie einem Menschen bedeuten können?
Sie wissen es, sagte der liebe Gott.
Und als die Katzen und Hunde nur noch
Punkte waren
Und schon bald darauf wie eine schnell
Untergehende Sonne
Ganz aus meinem Auge verschwanden,
stand ich immer noch und guckte ihnen nach,
als kämen sie vielleicht noch mal zurück.
Der liebe Gott legte mir seine Hand auf die Schulter
Und sagte:
Ich weiß, was in Dir vorgeht!
Aber tröste Dich
Es kommt der Augenblick,
wo Ihr alle wieder zusammen seid.
Alle? – fragte ich
Ja, sagte ER, alle Menschen und Tiere sind Freunde
Sind Brüder und Schwestern.
Das ist noch viel Arbeit
Und alles, was wir wissen und denken und fühlen
Muss dafür eingesetzt werden.
Das war eben ein schönes Erlebnis, sagte ER,
wir sollten uns noch ein bisschen unterhalten.
Ich sagte: Gerne!
Ich lese Dir eine Geschichte vor
Über die Welt, meinen Hund und mich.