Ein Spitz,
der nur mit einer Bezugsperson lebt, ist viel "besorgter" wenn die mal nicht da ist.
Kein Wunder, er ist ja existentiell von dieser Person abhängig.
Das trifft auf Hunde allgemein zu, nicht nur auf Spitze. Was habe ich schon Hunde anderer Rassen gesehen die fast einen Nervenzusammenbruch bekommen wenn z.B. in einer ihnen unbekannten Umgebung ihre Bezugsperson mal aus ihrem Blickfeld verschwindet. Die "popelige" Begleithundeprüfung wird für die Halter solcher Hunde zum Problem, weil die Übung im Verkehrsteil, bei welcher der Hund angebunden wird und der Hundehalter kurz ausser Sicht des Hundes geht, während ein zweiter angeleinter Hund an diesem vorbei geführt wird, der angebundene Hund wie wild an der Leine zerrt und hysterisch hinter seinem Halter bzw. seiner Halterin her kreischt. Und die meisten Trainer können ein langes Lied über Hunde singen, die ihnen vorgestellt wurden weil sie nicht alleine zu Hause bleiben können. Die allerwenigsten davon sind Spitze...
Diese Hunde können sich in einer Ruhepause im Training auch im eigenen Auto nicht entspannen. Das geht bis hin zu Speicheln, Bellen und Frustzerstören oder in die Gitter einer Hundebox beissen (und dann teilweise mit den Zähnen darin hängenbleiben). Und das betrifft alle Rassen, auch Dackel, Pudel, Border Collie, Schäferhund & Co.
Letztendlich reicht es aber schon wenn ein Hund nicht fähig ist im Auto bzw. seiner Box nicht tief und fest schlafen zu können. Denn dann kann er das zuvor Erlernte nicht im Gedächnis abspeichern. Deswegen ist es für Arbeitshunde existenziell wichtig dass sie von klein auf lernen "my home is my castle" (wobei zum "Home" auch ihre Transportbox gehört, denn darin sind sie überall "zu Hause"), und in ihrem "Castle" dann auch relaxen können wenn ihr Halter nicht immer 10 cm daneben steht. Z.B. kann ein Rettungshund auf einem mehrtägigen Auslandseinsatz nur dann zuverlässig arbeiten, wenn er zwischen seinen Arbeitseinsätzen wirklich entspannt und tief schläft. Während sein Hundeführer zu diesen Zeitpunkten arbeitstechnisch an ganz anderen Stellen eingesetzt wird. D.h. während der Hundeführer z.B. Suppe verteilt oder anderen, gerade aktiv mit ihren Hunden arbeitenden Hundeführern Hilfestellung gibt, müssen die Hunde fähig sein in ihren Hundeboxen tief schafen zu können, damit sie dann anschliessend wieder konzentriert arbeiten können.
Und diese Fähigkeit muss von Welpe an genau so trainiert werden wie alles andere. "Beglucke" ich meinen Hund zu sehr, dann darf ich mich nicht wundern wenn er später mental so stark von meiner Person abhängig ist dass er meine Anwesenheit braucht. Obwohl ihm auch andere Sozialpartner zur Verfügung stehen würden mit denen er während meiner Abwesenheit interagieren kann.
Ein Verhalten der Hunde, wie es hier teilweise bei Abwesenheit ihrer "Bezugsperson Nr. 1" beschrieben wird, ist für mich nicht rassetypisch, sondern "hausgemacht". Das wäre bei der Haltung z.B. eines Border Collies oder Malinois anstatt eines Spitzes nicht besser, sondern vermutlich sogar eher schlimmer.
Und hinzu kommt natürlich auch fehlende Routine. Es ist etwas völlig anderes wenn ein Hund gewohnt ist dass seine vorrangige Bezugsperson immer für ihn da ist, und dann muss er plötzlich mal ohne sie auskommen, als wenn er die regelmässige Abwesenheit seiner Bezugsperson gewöhnt ist. Deswegen beginne ich bei meinen Hunden sehr früh mit einer entsprechenden Routine. Auch wenn ich noch mehrere Wochen zu 100% zu Hause bin, gibt es feste, an meine Arbeitszeit angepasste Zeiten, zu denen ich als Person "nicht zur Verfügung stehe". Der bzw. die Welpen müssen sich, je nach Konstellation, dann einige Zeit z.B. (bei schönem Wetter) im Auslauf oder (bei Schisswetter) im Wohnzimmer (welches durch ein Gitter abgetrennt ist) selbst genügen. D.h. gehe ich später morgens um 6 Uhr aus dem Haus, gibt es auch vorher schon ab 6 Uhr kein Halligalli mehr, sondern der bzw. die Welpen haben dann für eine Weile ihre "eigene Zeit" unter Hunden. Diese Routine ziehe ich bei jüngeren Hunden dann auch an Wochenenden oder bei Krankheit oder im Urlaub entsprechend durch. D.h. auch an solchen Tagen stehe ich spätestens gegen halb 5 Uhr auf, damit morgens unser "Arbeitstag-Ritual" durchgeführt und die Hunde gegen 6 Uhr "gelüftet und abgefüttert" in entsprechenden Konstellationen aufgeteilt erst mal eine Ruhephase haben. Die an solchen Tagen dann auch mal sehr kurz ausfallen kann und nach der ersten Tiefschlafphasse meist wieder aufgelöst wird. Aber wichtig ist dieses "Ritual", dass die Hunde keine Erwartungshaltung auf Beschäftigung, Bespassung, Aufmerksamkeit haben. Dann dreht sich auch ein "Popoklebe-Hund" um und schläft tief und fest, wenn sein "Herr und Meister" zur gewohnten Zeit das Haus verlässt.
Leider machen sich viele Hundehalter nicht die Mühe ihre Welpen und Junghunde entsprechend zu konditionieren. Ist ja auch viel schöner die Zeit, die man z.B.im Urlaub hat, zu 100% mit dem Welpen zu verbringen und natürlich auch länger zu schlafen. Für mich ist das aber die wichtigste Zeit im Leben eines Hundes um ihn so zu prägen dass er später eine möglichst hohe Lebensqualität besitzt. Denn ich kann ja nie garantieren meinem Hund als "Ressource" ein Hundeleben lang ununterbrochen zur Verfügung stehen zu können. Und wenn ich nicht will dass mein Hund während meiner Abwesenheit leidet, dann muss ich das von Anfang an trainieren dass er nicht zu 100% abhängig wird von meiner Anwesenheit, sondern dass seine Welt auch dann in Ordnung ist wenn er statt meiner "nur" einen zweiten Hund als Gesellschaft zur verfügung hat.