Was ist "triebig"? Was ist "führig"?

  • Liebe Corinna,
    ich habe das mal abegtrennt:


    Zitat

    Mal eine Verständnisfrage, da ich mit diesen "Schäferhundplatz-Ausdrücken" nicht so bewandert bin - Was ist "triebig"?
    Und das mit der Führigkeit verstehe ich auch nicht so richtig - wie darf ich mir das konkret vorstellen?


    Mal eine Frage an alle: Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein solcher Hund zum Zuchteinsatz kommt?


    Viele Grüße
    Corinna


    "Triebig" nennt man es, wenn ein Hund sehr gut auf Beutespiele anspricht. Beutespiel - das ist die höchste sog. "Motivationsstufe"; schön mit Beutespiel gearbeitet macht den Hund aufmerksam und fröhlich.
    Die meisten (gesunden) Hunde mit guter Vitalität sind triebig, natürlich ist das u.a. auch rasseabhängig. Triebigkeit kann aberzogen bzw. unterdrückt werden, mit harten Tabus zum Beispiel, oder weil man diese Fähigkeit einfach brach liegen läßt, nicht mit seinem Hund spielt.


    "Führig" ist ein Hund, der schnell und gerne lernt, der immer nach "MEHR" verlangt, wenn's darum geht, gemeinsam was zu machen und mit dem Du Dich im Flüsterton unterhalten kannst. Ihre Top-Eigenschaften zeigen führige Hunde z.B. bei "Obedience" oder auch bei "Agility" (Teutsche Schäfershunde zeigen es bei der UPr). Extrem führige Rassen sind halt DSH und BC. Aber auch andere Rassen sind "führig" - entgegen allen möglichen Vorurteilen. (Wenn jemand nicht klar kommt mit seinem Hund sagt er meistens, dass dr Hund einen "Dickkopf" hat und/oder dass das an der Rasse liegt).


    Führigkeit ist das Gegenteil von Widersetzlichkeit und Bissigkeit und eine Grundvoraussetzung z.B. im Ring: Dort besteht kein Hund, der sich nicht "führig" zeigt.


    Insofern habe ich die letzte Frage nicht ganz verstanden, aber vieleicht ist es ja jetzt geklärt?


    Liebe Grüße

  • Liebe Leona,


    nun verstehe ich aber Deine Ausführungen auch nicht ganz:

    "Triebig" nennt man es, wenn ein Hund sehr gut auf Beutespiele anspricht. Beutespiel - das ist die höchste sog. "Motivationsstufe"; schön mit Beutespiel gearbeitet macht den Hund aufmerksam und fröhlich.
    Die meisten (gesunden) Hunde mit guter Vitalität sind triebig, natürlich ist das u.a. auch rasseabhängig. Triebigkeit kann aberzogen bzw. unterdrückt werden, mit harten Tabus zum Beispiel, oder weil man diese Fähigkeit einfach brach liegen läßt, nicht mit seinem Hund spielt.

    Ich hatte und habe ja mehrere Spitze, wie Du weißt. Sie sprechen auf Beutespiele überhaupt nicht an. Das interessiert sie überhaupt nicht. Trotz alledem sind sie überaus aufmerksam und fröhlich.
    Ich würde jetzt auch nicht behaupten, dass sie nicht gesund oder von schlechter Vitalität wären. Ich habe ihnen auch weder mit harten Tabus noch sonstwie derartige Fähigkeiten aberzogen, unterdrückt oder ihre Fähigkeiten brach liegen lassen und nicht mit meinen Hunden gespielt. Im Gegenteil. Sie spielen alle für ihr Leben gern, nur eben keine Beutespiele. Sie haben nämlich keinen Jagdtrieb. Ist das nun schlecht?


    Vielleicht erinnerst Du Dich an meinen Griepto.
    Er ist ein Hund, der am liebsten den ganzen Tag nichts anderes als Lernen möchte. Allerdings "verlangt" er nicht nach mehr. Verlangen darf nur ich. Das ist bei uns einfach eine Frage der Rangfolge. Soll heißen: Ich bestimme, wann und was und wie es gemacht wird - nicht er. Daran hält er sich. Ich finde ihn ausgesprochen "führig".
    Und trotz alledem ist Griepto die fleischgewordene Dickköpfigkeit. Bestimmte Dinge macht er nämlich einfach nicht. Beutespiele zum Beispiel. Oder mit anderen Leuten mitgehen. Oder auf die Kommandos anderer Leute hören (die gehen einfach durch). Oder...
    Das ist nämlich einfach nicht sein Ding. War/ist auch nicht das Ding meiner anderen Spitze. Da meine früheren Hunde da anders reagiert haben, würde ich das durchaus für eine rassetypische Eigenschaft halten. Steht übrigens, wenn auch anders formuliert, sogar im Standard der Spitze.
    Ich kann mich auch mit meinen Hunden im Flüsterton unterhalten (mache ich fast nur!) - manchmal brauche ich nicht mal das, sondern sie lesen mir meine Wünsche förmlich von den Augen ab. Würdest Du jetzt sagen, dass sie nicht führig wären? Oder würdest Du eher meinen, ich käme mit meinen Hunden nicht klar?

  • *seufz*


    Ich möchte jetzt nicht einsteigen in verschiedene Mißverständnisse und in Erklärungen bez. des Unterschiedes zwischen Jagd- und Beutetrieb und ... und ... und ...,


    ... ich möchte nur einfach sagen: seine "archaischen" Aufgaben als "Mistkläffer", Gänsehüter, Spielkamerad für kleine Jungs, die schon auch mal den Trudel mit der Peitsche über die Dorfstraße jagten und vieles mehr hätte ein Spitz ohne "Spieltrieb" (und das ist mit den Augen was verfolgen und mit dem Maul danach greifen, also Beute-Trieb, jeder Border Collie macht es vor!) niemals bewerkstelligen können!
    Spitze werden leider heute oft "verkannt"; man stellt sie ruhig (was bei ihnen einfach auch viel leichter ist als z.B. beim BC und was ich persönlich selbstverständlich genauso schätze wie die meisten Spitzhalter) und was dabei heraus kommt, nennt man dann sein "Wesen". Dabei hat man jedoch schlicht und einfach die Hälfte seiner Eigenschaften nicht gefördert und also auch niemals kennen gelernt.


    Ein Spitz kann beides sein, ja. Und für manche zeigt er halt nur "eine Seite".


    Grüße

  • Nöö Leona - wir müssen auch nicht lang diskutieren, aber nicht jagende Hunde haben definitiv auch keinen Beute.Trieb.
    Und nicht jedes Greifen mit dem Maul ist auf Beute-Trieb zurückzuführen.


    Der Zusatz "Trieb" deutet nämlich darauf hin, dass dies ein Verhalten ist, welches von einer ganz speziellen Stelle im sog. Alt-Hirn gesteuert wird, nämlich vom Limbischen System. Und es beinhaltet, dass dieses Verhalten nur geringfügig gesteuert werden kann. Man kann es nicht abstellen, sondern lediglich in begrenztem Umfang modifizieren. Beute-Trieb bei Hunden beinhaltet beispielsweise eine Gefahr für hinfallende Kleinkinder.


    Spitze hingegen greifen, wenn sie das nun tun, sehr bewusst zu oder auch nicht. Dieses Zugreifen wird vom Großirn gesteuert. Es ist also beeinflussbar und wenn ich dem Hund nicht gezielt versuche beizubringen, nach hinfallenden Kleinkindern zu schnappen, wird er es auch niemals tun, zumal gerade Spitze ungemein kinderlieb sind!
    (Möglicherweise wäre das auch etwas, wo sich ein richtiger Spitz als sehr dickköpfig erweist und es einfach nicht tut!)


    Deine Darstellung verfälscht das Wesen des Spitzes. Ein ordentlicher Spitz hat keinen Beute-Trieb!
    Und wenn Du Spiel-Trieb meinst, dann solltest Du das auch schreiben!


    Oder noch besser: Begeisterungsfähig!

  • Nöö Leona - wir müssen auch nicht lang diskutieren,


    Da hast Du Recht, zu diskutieren gibt's da einfach wenig bis nichts.


    Zitat

    aber nicht jagende Hunde haben definitiv auch keinen Beute.Trieb.


    Das stimmt nun ganz und gar nicht! Aber man kann es schwer erklären, (ich selbst kann es zumindest neurologisch nicht besonders gut erklären, ich hab keine medizinische Ausbildung und kein medizinisches Vokabular), und obwohl es sehr gute Bücher gibt, kommt es schon auf eigene Erfahrung und auch auf die eigenen Wünsche bezogen auf den Hund an.


    Zitat

    Und nicht jedes Greifen mit dem Maul ist auf Beute-Trieb zurückzuführen.


    Das ist definitiv richtig.


    Zitat

    Beute-Trieb bei Hunden beinhaltet beispielsweise eine Gefahr für hinfallende Kleinkinder.


    In Verbindung mit Aggression, niedriger Reizschwelle, falsch aufgebautem Selbstbewußtsein, ggf. juvenilem Überschwang, mangelnder Führung und/oder Alterskrankheiten wie Erblindung etc. - ja. Sonst nicht.


    Zitat

    Spitze hingegen greifen, wenn sie das nun tun, sehr bewusst zu oder auch nicht. Dieses Zugreifen wird vom Großirn gesteuert. Es ist also beeinflussbar und wenn ich dem Hund nicht gezielt versuche beizubringen, nach hinfallenden Kleinkindern zu schnappen, wird er es auch niemals tun, zumal gerade Spitze ungemein kinderlieb sind!


    Ich gebe Dir in jedem Punkt Recht, ja! Nur frage ich mich, was das soll: Einem Spitz beibringen, nach hinfallenden Kleinkindern zu schnappen? ?(
    Wir leben in einer Zeit, in der "Schnappen" zum Tod des Hundes führen kann! Die Zeichen stehen auf Heraufsetzung der Reizschwelle, noch einmal Heraufsetzung der Reizschwelle und erst Recht: Heraufsetzung der Reizschwelle! Was nicht selten die "Quadratur des Kreises" für ratlose Hundebesitzer bedeutet! Selbst der schärfste Wachhund, der auf Verbrecherjagd abgerichtete Polizeihund, der riesigste Rottweiler darf absolut nicht schnappen! Dann ist er raus aus Zucht und Ausbildung - meiner Meinung nach zu Recht! Abgesehen von juvenilen, noch ungefestigten Tieren - die lernen noch und festigen ihren Charakter - , und von altersbedingten Fehlverknüpfungen.


    Zitat

    (Möglicherweise wäre das auch etwas, wo sich ein richtiger Spitz als sehr dickköpfig erweist und es einfach nicht tut!)


    "Dickköpfigkeit" ist ein Wort, das ich niemals auf Hunde anwende. Es trifft nicht zu. Ein Hund eignet sich für was - dann kann seine Eignung gefördert werden, und er wird, wenn man es richtig macht, gerne sein Bestes geben. Klar: wenn ich von einem Greyhound verlange, dass er nach dem Fußballspiel Randalierer in Schach halten soll - dann ist er nicht dickköpfig, sondern dann bin ich doof. Mal übertrieben gesagt.


    Zitat

    Deine Darstellung verfälscht das Wesen des Spitzes. Ein ordentlicher Spitz hat keinen Beute-Trieb!
    Und wenn Du Spiel-Trieb meinst, dann solltest Du das auch schreiben!


    Spieltrieb und Beutetrieb wird in der Ausbildung identisch verwendet, aus gutem Grund. "Beutespiele" und "Futterspiele" sind (rein technisch, für den HF) eng verwandt bzw. ähnlich zu handeln, die Unterschiede liegen in der Motivationsebene und natürlich im Triebziel. Beutespiele müssen keinesfalls dilettantisch aufgebaut sein , sprich: ich werfe einen Ball und weg ist der Ball mitsamt dem Hund ... Da gebe ich Dir absolut Recht: Das fördert u.U. die Jagerei! Und das wollen wir doch nicht - oder? Also wird die Beute eng am Körper geführt, und wie von selbst lernt mein Hund - egal ob Spitz, Mops, Rottweiler oder Pudel - auch noch eine kontrollierte Beißhemmung.


    Spielen - ein weites Feld! Eine wunderbare Sache für die Bindung und die Freude von Herr und Hund! Die Grundvoraussetzung für ein erfülltes Leben im Team!


    Grüße

  • Hallo Monika!



    Au weia! Jetzt hab ich doch keine Spitze! Ich wußte doch das an den Dorfspitzen was faul ist!



    Meine Hunde Haben einen sehr guten Beutetrieb. Nicht Spieltrieb, den so ernsthaft wie schon die Welpen auf das "Mäuschenspiel" reagieren, wollen die echt was erbeuten und somit können sie keine Spitze sein.
    Ach ne, was? Mäusejagende Spitze schließt Du dann auch aus dem Kreis der "echten" Spitze aus?
    Solltest mal sehen wie triebig meine Bande hinter den Schadnagern her ist! Kleinhirngesteuerte Hunde habe ich, die wohl auch ein quitschendes Kleinkind zerfleischen weil sie vor lauter Trieb nicht mehr merken das es keine Maus ist?


    Triebig und führig sind meine Spitze alle. Beides bedeutet das sie gut motivierbar sind und mit Freude mit ihrem Chef ihre Arbeiten erledigen.


    Das war es was mich so für den Spitz begeistert hat! Diese Ernsthaftigkeit, dieser Eifer, der Mut und die Entschlossenheit! Triebig ist auch meine Juanita wenn ihr Verteidigungstrieb sie dazu bringt ihr anvertraute Sachen zu beschützen. Auch ohne Großhirn ...


    Führig ist der Spitz (meine Dorfspitze jedenfalls) auch. Jedenfalls wenn die Motivation groß genug ist. Das ist von Hund zu Hund verschieden.
    Jakobus ist extrem führig wenn ich eine läufige Hündin auf dem Arm habe. 8o
    Er ist übrigens auch triebig wenn die Hündin vor dem Zwinger sitzt ....


    Ja, ich gestehe! Meine Spitze stehen alle auf Beutespiele und ich fördere das auch bei den Welpen und auch bei meinen Vermittlungsspitzen! Ich fördere es auch das sie gut mit Futter motivierbar sind.
    Beides macht sie aber nicht zu armseeligen Bettelsäcken oder zu ballgeilen Junkies.


    Sag Monika, was für Spiele spielen den deine Spitze, wenn nicht mit Beute? Auch Rennspiele sind oft stark beutemotiviert.


    Übrigens habe ich in meiner Zeit als Hundetrainer sehr oft mit Leuten beschäftigen dürfen die ihre Hunde als dickköpfig und nicht (beute)motivierbar beschrieben haben. Wenn es nicht an einem gesundheitlichem Problem des Hundes lag, dann lag es immer am Besitzer.



    Viele Grüße


    Jutta und die J`s

  • Hallo Jutta,


    wo habe ich geschrieben, dass Spitze nicht triebig oder führig wären? ?(


    Ganz im Gegenteil, ich hatte sogar geschrieben, dass ich meine Hunde sogar sehr "führig" finde!


    Ich habe nur geschrieben, dass der Begriff "Triebigkeit" nicht identisch ist mit "Beutetrieb".


    Und ich versichere Dir gern, dass auch meine Hunde sogar sehr ausgeprägte Triebe haben....
    Es mag auch sein, dass Rennspiele oft mit Beute zu tun haben mögen, aber keineswegs immer. Leider kann ich hier keinen Film einstellen, sonst würde ich Dir gern zeigen, wie meine Hunde Rennspiele veranstalten, ohne, dass es auch nur das Geringste mit Beute zu tun hätte.


    Übrigens suchen auch meine Hunde Mäuse und Ratten, fangen und zerbeißen sie. Das ist keine Frage von "Kleinhirn"-Steuerung (wobei das Limbische System nicht im Kleinhirn ist!). Dahinter steckt nämlich auch kein Jagdtrieb. Wäre es Jagdtrieb, würden sie alle Mäuse und Ratten jagen ohne zu differenzieren. Diese Differenzierung findet nämlich im Großhirn statt. Und Spitze differenzieren sehr wohl zwischen beispielsweise den Mäusen, die meine Söhne früher als Haustiere gehalten haben und anderen, unerwünschten Mäusen. Das bedurfte auch keines großartigen Lernprozesses.
    Ich habe hier eine Hündin, die tatsächlilch stark jagd. Sie würde im Leben keinen Unterschied zwischen den Mäusen machen. Sie ist auch nicht abrufbar, wenn sie irgendetwas sieht, was in ihr Beuteschema passen könnte (und da passt so ziemlich alles rein außer vielleicht Walen, Elefanten und Giraffen). In diesem Fall kann man von einem echten Trieb sprechen.


    Ich gehe völlig mit Dir konform, wenn Du schreibst, dass Spitze gut motivierbar sind und mit Freuden mit ihrem Chef Arbeiten erledigen.
    Nur, warum schreibt man das dann nicht so?


    Alles Andere führt doch zu MIssverständnissen und davon gibt es m.E. genug über die Spitze.

  • Spitze hingegen greifen, wenn sie das nun tun, sehr bewusst zu oder auch nicht. Dieses Zugreifen wird vom Großirn gesteuert.


    Mit nahezu 100%er Sicherheit ist das Unsinn. Wenn sogar beim Menschen keine einzige Handlung vom Großhirn gesteuert wird, wie soll das denn beim Spitz der Fall sein?


    Herzlich,
    Bernd

  • Insgesamt kenne ich das Verhalten der Spitze so ähnlich wie Jutta es beschreibt.


    ***


    Die Spitze von vor knapp vierzig Jahren, ein paar weiße Mittelspitze in meiner Verwandtschaft im Dorf, haben das schon so gehandhabt und auch von Leica kenne ich es nicht anders: Was sich an fremdem Tieren auf dem eigenen Grundstück bewegt, ist nicht ungefährdet. Wenn es wegläuft oder verjagt wird, dann iss gut. Wenn nicht, dann wird es entweder bellend gestellt oder, wenn klein genug und kein Igel, gepackt und getötet.
    (Das hört sich dramatischer an als es ist, denn es kam/kommt selten genug vor. Es gilt auch nicht zu 100%! Vögel werden nahezu alle ignoriert, der Spitz meiner Patentante ließ außer die eigenen auch fremde Katzen passieren, Leica hat einen netten jungen Beagle-Rüden völlig unbehelligt gelassen, etc.)


    Karl zeigt sich bisher wachsam und freundlich, hatte aber nichtsdestotrotz schon im Alter von sechs Monaten mindestens zwei Wühlmäuse, ein flugunfähiges Rebhuhn und einige Feldmäuse erbeutet. Die eigenen Hühner, Enten und Schafe erschreckt er manchmal, im Übermut, packt sie aber nicht ernsthaft. Bei unseren Kaninchen sieht das noch etwas anders aus, aber auch das wird er lernen. (Die eigenen Tiere zu verschonen, das lernen doch sogar triebige Terrier.) Die Verfolgung von Hasen oder Rehen bricht er sofort ab, sobald die richtig loslaufen.


    Mittlerweile benutze ich die Formulierung "Ein Spitz hat keinen Jagdtrieb" nicht mehr, sondern bin zur Formulierung aus früheren Zeiten zurückgekehrt:
    "Ein richtiger Spitz geht nicht jagen."
    Ich erlebe nämlich den wesentlichen Unterschied zu den meisten anderen Hunden nicht im völlig fehlenden Beutetrieb, sondern im beim Spitz praktisch nicht vorhandenen Hetztrieb. Dazu kommt dann die recht große Anhänglichkeit, die ebenfalls recht große Hoftreue, und die große Gelehrigkeit, zu erkennen, was erlaubt ist und was nicht.


    ***


    Triebig? Würde ich der Definition von Leona folgen, würde ich auch sagen: Ja, Spitze sind triebig.
    Allerdings kenne ich die Defintion von "triebig" etwas anders: Ein Hund, der mit Feuereifer sein jeweiliges Ziel verfolgt und dabei nur schwer bis gar nicht ansprechbar, bzw. nur schwer davon abzubringen ist. Und das wäre für mich dann eher ein rattenjagender Terrier als ein rattenjagender Spitz, das wäre eher ein junger Jagdhund auf der Fährte als ein Spitz auf der Fährte.


    ***


    Alle Spitze, die kannte und kenne sind relativ führig (dabei aber weder unselbstständig noch devot, wie manche andere führige Hunde).



    Kennt vielleicht jemand eine Defintion der Begriffe "triebig" und "führig" aus einem kynologischem Fachbuch öder ähnlichem?
    Toll wäre dazu auch die Definition der Begriffe "Jadgtrieb" und "Beutetrieb", etc.


    Herzliche Grüße,
    Bernd

  • Hallo Bernd,


    meine Erfahrungen mit Spitzen ähneln Deinen, wobei sich Amor und Prinz noch sehr unterschiedlich benehmen, wenn es um den Kontakt mit anderen Tieren. Das sehe ich aber in dem Altersunterschied bei den Beiden begründet. Prinz, gerade 1 Jahr alt, stürzt sich auf alles was sich bewegt, hierfür dürfte wohl mehr der Spieltrieb, als der Jagdtrieb ursächlich sein, wobei 2 Wellensittiche seinen Spieltrieb nicht überstanden haben.


    Deine Definition von "triebig" und "führig" gefällt mir.


    LG


    Horst

  • Hallo Bernd,

    Mit nahezu 100%er Sicherheit ist das Unsinn. Wenn sogar beim Menschen keine einzige Handlung vom Großhirn gesteuert wird, wie soll das denn beim Spitz der Fall sein?

    Bei manchen Leuten hatte ich doch tatsächlich auch schon so eine Vermutung, dass ihre Handlungen nicht vom Großhirn gesteuert werden.
    te1uf2ely
    Ich würd´s aber nicht verallgemeinern (und normalerweise schon gar nicht öffentlich posten...)


    Definition "Handlung":

    Zitat

    Handlung ist immer frei, bewusst und an Intention gebunden, meist auch an
    Motive

    Quelle


    Laut Brockhaus ist Trieb

    Zitat

    Die auf Automatismen beruhende, das Appetenzverhalten auslösende, auf Abreaktion drängende und anschließend neu entstehende aktionsspezifische Antriebsenergie.


    Das Entscheidende dabei sind die Automatismen, es handelt sich um ein sog- Reiz-Reaktionsschema.



    Im Gegensatz zur Handlung, die frei gesteuert werden kann, können Automatismen nicht frei gesteuert werden.


    Der Unterschied muss nicht äußerlich sichtbar sein, z.B. gibt es Leute, die haben einen sog. Tic, der darin besteht, sich zu räuspern. Im Falle eines Tics ist das ein Automatismus, der nicht gesteuert werden kann. Trotzdem können andere Leute sich räuspern oder es auch lassen. Sie können es bewusst und frei steuern.


    Trotz alledem darf man das aber nicht verwechseln. Das Entscheidende ist eben nicht, was man beobachtet, sondern, was dahinter steckt. Das erkennt man z.B. daran, ob der Ablauf der Handlung zu stoppen ist oder nicht. Beim Jagdtrieb des Hundes wäre hier z.B. die Abrufbarkeit ein Merkmal, an dem sich das festmachen ließe. Je stärker der Jagdtrieb ist, desto weniger abrufbar ist der Hund.


    Zur Triebigkeit hier ein interessanter Link , bei dem auch der Beutetrieb beschrieben wird.

  • Hi Monika,

    Das Entscheidende ist eben nicht, was man beobachtet, sondern, was dahinter steckt.


    Genau. Deshalb helfen uns soziologische Theorien nicht weiter, schon gar nicht, wenn sie wissenschaftlich überholt sind. ;)


    Nochmals: Es gibt state of the art beim Menschen keine einzige nachweislich vom Großhirn gesteuerte Handlung, im Gegenteil!
    Zitat: "Dies liegt daran, dass das limbische System, aber nicht das rationale System der Grosshirnrinde, einen direkten Zugriff auf diejenigen Systeme in unserem Gehirn hat, welche letztendlich unser Handeln steuern.
    Dies geschieht über die so genannten Basalganglien, die ebenfalls tief im Innern unseres Gehirns lokalisiert sind und völlig unbewusst arbeiten. Sie bereiten jede Art von Handlungen vor, bei denen wir das Gefühl haben, wir hätten sie gewollt. Dies jedoch ist eine Täuschung, denn die Basalganglien stehen weitgehend unter Kontrolle des limbischen Systems und damit des emotionalen Erfahrungsgedächtnisses.
    Das limbische System hat also gegenüber dem rationalen corticalen System das erste und das letzte Wort."
    Das schreibt der Hirnforscher Prof. Dr. Dr. Gerhard Roth, Wie unser Gehirn Entscheidungen trifft Ausführlicher in seinen Büchern.


    Nochmals deshalb meine Frage: Wie soll der Spitz etwas können, was nicht mal der Mensch mit seinem weit entwickelten Gehirn kann? Gibt es irgendeinen wissenschaftlichen Beleg?


    Zur Triebigkeit hier ein interessanter Link , bei dem auch der Beutetrieb beschrieben wird.


    Danke für den Link. Der Text sieht sehr interessant aus, werd ich lesen.


    Herzliche Grüße
    Bernd

  • Hallo Bernd,


    Hmmm... Du möchtest also die wissenschaftliche Ebene einschlagen. Ok.


    Das ist kein Widerspruch zu dem, was ich behauptet habe und ich beziehe mich auch nicht auf überholtes Wissen.


    Das limbische System ist verantwortlich für sensorische Integration und Modifikation sowohl des Inputs als auch Modifikation des Outputs, insbesondere durch EPSP und IPSP. Genau das ist der Zugriff, den das Limbische System hat. Die Steuerung an sich, und das besagt auch Dein Zitat, geschieht in anderen Hirnsystemen.
    Der Ablauf ist wie folgt:


    wobei der Output, wie bereits oben erwähnt, der Modifikation durch das Limbische System unterliegt, welches, wie ganz richtig bemerkt, u.a. emotional beeinflusst ist, aber ebenfalls entsprechend einer ununterbrochenen Abstimmung mit dem cerebellären System auf der Basis von Umwelteinflüssen und Propriorezeption geschieht, die i.e.S. der Handlungskontrolle und Feinmodulation dient.
    (Das ist nun allerdings nicht soziologisch, sondern rein neurophysiologisch. Aber das war ja die Ebene, die Du gewählt hast)
    Handlungsantrieb und Bewegungsentwurf liegen hier ganz klar im cortikalen und subcortikalen Bereich, also im Großhirn.
    Triebe im neurophysiologischen Sinne entsprechen den sog. Primäraffekten, also einer Vorstufe kognitiver Funktionen und bestehen aus einfachen Reiz-Reaktions-Schemata, die ausschließlich im Althirn lokalisiert sind. Aus ihnen haben sich die kognitiven Funktionen des Großhirns erst entwickelt, weshalb das Großhirn auch als Neu-Hirn bezeichnet wird.
    Und dem widerspricht auch Prof. Dr. Dr. Gerhard Roth nicht.

  • Hi Monika,

    Die Steuerung an sich, und das besagt auch Dein Zitat, geschieht in anderen Hirnsystemen.

    Ja, aber eben doch nicht im Großhirn!


    Handlungsantrieb und Bewegungsentwurf liegen hier ganz klar im cortikalen und subcortikalen Bereich, also im Großhirn.
    [...] Und dem widerspricht auch Prof. Dr. Dr. Gerhard Roth nicht.

    Nee, er sagt nur, dass schließlich all das via limbisches System in die Tonne getreten wird. Oder eben nicht, je nach Gefühl. Und daraus folgt dann, in seinen Worten: "Es gibt also ein rationales Abwägen von Handlungen und Alternativen und ihren jeweiligen Konsequenzen, es gibt aber kein rein rationales Handeln."


    ***


    Gerade habe ich was Tolles entdeckt, nämlich das Dostojewskij-Zitat, Petras Signatur: "Es ist nicht der Verstand auf den es ankommt, sondern auf das was ihn leitet: Herz und Charakter." Das ist ja in einfachen und verständlichen Worten der gegenwärtige Stand der Hirnforschung! :) :) :)


    ***


    Und jetzt sage ich: I rest my case. Denn ich habe nicht den Eindruck, dass diese Debatte noch eine fruchtbare wird. (Ist nicht bös gemeint!)


    Schlaft gut,
    Bernd


    PS: Natürlich habe ich auch einen Spitz selbst zum Thema befragt. Karl meinte aber nur, er könne über Großhirne nichts sagen. Um dann hinzuzufügen: "Aber Kaninchenhirn ist lecker - und die Schädel knacken so schön!"

  • Hallo Spitzfreund,
    ich selbst benutze das Wort "triebig" ausschließlich im für mich praktisch umsetzbaren Ausbildungsbereich, das mag ein verkürztes Modell sein, weil es ausschließlich auf das Geschehen zwischen Mensch und Hund beim Spiel bezogen ist. Es läßt z.B. den nicht mehr ansprechbaren, weil beim Rattetöten voll im Jagdtrieb stehenden Terrier außen vor (weil für den Interaktionsbereich Mensch-Hund uninteressant).
    Ich wollte einfach nur einen Hinweis für den Ausbildungsbereich geben, und für den Alltag: Triebigkeit auf's Spiel bezogen fördern und nutzen! Das bringt unschätzbar viel für dne Hundealltag, für das Verhältnis Herr und Hund, für Vertrauen, Charakter und Sicherheit, und für harmonisches Miteinander. Es unterstützt die Führigkeit sehr, in Richtung "lustbetonte" Führigkeit.


    Das vorherrschende Triebmodell sehe ich skeptisch, da alles - aber auch wirklich alles!!! - als "Trieb" bezeichnet wird. Aber das hat hier im Ausbildungs-Thread auch nichts zu suchen.


    Wenn ich "die Seele des Hundes" verstehen will, dann schaue ich gerne rein bei Aldinton;). Ansonsten erlebe ich halt die Praxis, und ich sehe und beobachte viel.


    Liebe Grüße

  • Achh, Bernd,
    und was ich Dich auch noch fragen wollte:


    Woher hast Du diesen wunderbaren Spruch in Deiner Signatur?


    Ich meine den zweiten Spruch: "Ein guter Hund hat keine Farbe!"


    Interessiert mich, weil's mein Wahlspruch ist (oder einer meiner Wahlsprüche).


    Liebe Grüße

  • Hallo Leona,

    Ich wollte einfach nur einen Hinweis für den Ausbildungsbereich geben, und für den Alltag: Triebigkeit auf's Spiel bezogen fördern und nutzen! Das bringt unschätzbar viel für dne Hundealltag, für das Verhältnis Herr und Hund, für Vertrauen, Charakter und Sicherheit, und für harmonisches Miteinander. Es unterstützt die Führigkeit sehr, in Richtung "lustbetonte" Führigkeit.

    Ja, das denke ich auch. Aber man muss halt sehr aufmerksam bleiben und sich immer bewusst sein, dass man dabei gerade lernend, lehrend, lenkend und formend tätig ist.
    Die Sache mit dem Gehirn finde ich aber auch nicht unwichtig. Gehe ich vom Stand der Dinge aus, dann bedeutet das ja, dass Wissen und Einsicht noch weniger direkten Einfluss auf das Handeln haben, als sowieso schon beobachet (die vielen rauchenden Ärzte, etc.). Damit kommt den Verknüpfungen, der positiven Verstärkung, der absolut exakten Platzierung von Strafe, usw. eine noch größere Bedeutung zu.



    off topic:

    Woher hast Du diesen wunderbaren Spruch in Deiner Signatur?
    Ich meine den zweiten Spruch: "Ein guter Hund hat keine Farbe!"

    Bei den Working Kelpies ist der Satz selbstverständlich (und natürlich auch bei anderen Leistungszuchten, z. B. bei den Border Collies. Da gibt es auch die kürzeste Beschreibung eines Rasse-Standards, die ich kenne: "Ein Border Collie ist ein Hund der arbeitet wie ein Border Collie." ;)).
    Gezüchtet wird natürlich in erster Linie mit ausgewählten gut arbeitenden Hunden, die Farbe ist sekundär. Beim Working Kelpie Council, das das Zuchtbuch führt, heißt es lapidar, dass zur Zucht alle historisch vorkommenden ("historically associated") Farben und Abzeichen zugelassen sind.
    Für die Spitze wäre sowas natürlich auch toll ... (eine derartige Diskussion gab es hier ja gerade neulich erst, und nicht zum ersten Mal).


    Herzliche Grüße,
    Bernd

  • Aber man muss halt sehr aufmerksam bleiben und sich immer bewusst sein, dass man dabei gerade lernend, lehrend, lenkend und formend tätig ist.

    So ist es! Mit etwas Bewußtsein zur Sache kann man seinem Hund viel Gutes tun und selbst - lernen!
    Wer von seinem Hund nix lernen will (oder nix lernen kann), der braucht eigentlich gar keinen ...
    Und wer seinen Hund eigentlich nur "brav" und "gehorsam" haben will und das toll findet - der hat ihn verkannt! Allerdings lenkt und "formt" er ihn, ja! *seufz*


    Zitat

    Die Sache mit dem Gehirn finde ich aber auch nicht unwichtig. ... Damit kommt den Verknüpfungen, der positiven Verstärkung, der absolut exakten Platzierung von Strafe, usw. eine noch größere Bedeutung zu.


    Ich strafe - nie! Ich setze sehr wohl Tabus, ich entwickele sehr wohl Strategien, unerwünschtes Verhalten zu unterbinden. Aber das mache ich im Vorfeld! (Was u.a. auch heißt, dass der Hund mich mit "neuem" Verhalten erst mal überrascht, vielleicht "überfährt" ; das muss ich halt kommentarlos hinnehmen, und dann darauf achten, dass das nicht wieder passiert; den unerwünschten Part muss ich also durch Beobachtung früherkennen und unterbinden.)
    Nehmen wir an, so'n Spitzchen will auf die Couch und darf das nicht (meiner darf ;) )- dann hindere ich ihn, entwickele Signale in Sachen Stimme und Augenkontakt etc., aber ich strafe ihn nicht dafür, dass er's "geschafft" hat - ich setze ihn einfach kommentarlos runter.
    Dasselbe gilt für "Fehler" in der Ausbildung: Keine Strafe - jedoch Konditionierung.
    Eben dafür ist "Triebigkeit" so wunderbar einsetzbar, um gute Führigkeit zu erreichen.


    Zitat

    Bei den Working Kelpies ist der Satz selbstverständlich (und natürlich auch bei anderen Leistungszuchten, z. B. bei den Border Collies.


    Aha! Das finde ich interessant! Ich wußte nicht, dass Du einen (Leistungs-) Hütehund hältst.
    Ist ein guter Spruch, mit dem man einem Hund eher gerecht werden kann als mit Perfektionsdenken in Sachen Farbe - allemal! Ob man diesbezüglich bei Spitzens eine Bewußtseinsänderung bewirken kann - ? Langfristig gesehen?
    Ich weiß es nicht.


    Liebe Grüße