Ich bin ja gefragt worden, etwas zu dieser bezaubernden Rasse zu sagen.
Es ist nicht ganz so leicht: die Geschichte des Hovawarts ist lang und in sich widersprüchlich, entsprechend widersprüchlich sind die Aussagen über ihn - und sie stimmen fast immer, denn der Hovawart wird heute in verschiedene Richtungen hin gezüchtet. Also: Wenn Euch einer erzählt: "Der Hovawart ist ein schneidiger Schutz- und Gebrauchshund!" - dann stimmt das genauso, wie wenn jemand sagt: "Der Hovawart ist ein schwerer, ruhiger Hausgenosse!"
Ursprünglich: Molosser-verwandt, zottige Variante der römischen Lagerhunde, Wachhunde, selbständig arbeitend, ohne jede Führung, revierbetont, nicht eben verwöhnt.
Die zottigen Molosser wurden mehr und mehr ausselektiert: Die Glatten (Kurzhaar) verwendete man für Hundekämpfe etc., die zottigen, weniger beliebten und "geliebten" kamen weg, fanden Verwendung als Herdenschutzhunde und Bauernhunde.
Herdenschutzhunde nahmen ihre eigene Entwicklung - Bauernhunde aller Art mussten vor allem genügsam sein, ein dichtes Fell haben, den härtesten Bedingungen trotzen, ganz früher mussten sie sich auch teilweise selbst versorgen (Ratten und Kaninchen fangen), sie durften keine besondere Nähe zum Menschen haben. Sie blieben draußen.
Als "Rasse" gab es ihn nicht - wohl aber als "Typhund": Mal schwerer, mal leichter gebaut, aber immer langfellig und schlappohrig. In der Kunst kommt er bei Breughel vor: als verachteter Hund frißt er bei Bauerngelagen Essenreste oder gar Erbrochenes,( im Gegensatz zu adligen Hunden - Windspielen); er ächzt als Karrenhund, er heult einsam an der Kette. Bei Dürer jagt er mit dem Ritter, dem Tod und dem Teufel. In der Literatur kommt er vor als beängstigend, schwarz, zottig und unbestechlich, was die Verteidigung einsam gelegener Mühlen oder Höfe bestrifft.
Carl F. König - ein Spinner und ein Nazi, der Himmler später verantwortlich für das "Reichshundewesen" werden sollte, entdeckte ihn als "wahren Germanen", züchtete ihn als Teufelskerl - oder hatte das zumindest vor - und schenkte Himmler den Rüden "Siegtreu"
Der spinnerte König hat einen großen Schritt getan. Aber er hat der werdenden Rasse auch sehr geschadet, mit diesem verquasten Image - und mit Einkreuzungen, die nach normalem Hundeverstand niemals hätten sein dürfen! Außerdem war König ein Betrüger, der falsche Zuchtbücher führte. Es ist engagierten Leuten - meisten Schäferhundekennern/-haltern - zu verdanken, dass sie weniger laut als könig, dafür verantwortungsbewußt gezüchtet haben, Ziel: Ein anspruchsloser, aber hübscher Hund, hart im Nehmen, aber was für's Auge, sportlich, größer und schwerer als der Schäferhund.
Und so entstand der wunderbare Castor Meyer-Busch, ein Bild von einem "Bauernhund" - eigentlich sieht er aus wie mein Zorbas
Castor gilt als Stammvater der heutigen Hovawart-Zucht.
Ich kürze ein wenig ab: In der Folge züchtete man in den beiden Zonen Deutschlands nach unterschiedlichen Gesichtspunkten: Im Osten schöne, majestätische Hunde, eine tolle Alternative zu den "Stehohren" - die ja bekanntlich für die Trassen rekrutiert wurden. Das blühte den Schlappohren nicht. Aber sie waren vor allem Revierwächter und nicht unbedingt selektiert auf "Menschen-Nähe". Auch mussten sie keine Gebrauchseigenschaften haben, mit anderen Worten: Ob sie eine hohe oder eine niedrige Reizschwelle aufwiesen, war egal. Schön und groß sollten sie sein, beeindruckend, sanft zur Familie und knallhart gegenüber Fremden. Und das waren sie!
Im Westen züchtete man sie etwas leichter und bemühte sich, den Status "Gebrauchshund" für sie zu erwerben: Sporthunde, schneidig, temperamentvoll, mit möglichst hoher Reizschwelle. Aber nicht alle waren mit diesem Ieal einverstanden: So wuren im Westen auch "schöne" hunde gezüchtet, ohne Gebrauchseigenschaften. Ein zweiter Verein gründete sich.
Zuchtfehler bzw. Zuchtexperimente führten dazu, dass man im Westen neben diesem Wunschtyp auch sehr leichte und nervöse Hunde bekam. Im Osten bekam man z.T. zu schwere Hunde, und - aufgrund der schmalen Zuchtbasis - Probleme mit HD.
Als Vorreiter bei der Bekämpfung der HD kann der westliche Verein RZV gelten. Heute richten sich alle VDH-Vereine, die große Rassen züchten, nach den Selektionskriterien, die der RZV in den 90er Jahren entworfen hat. Die Zucht mit HD - A oder HD - L ist damit endgültig verboten und wird bestraft.
Der zweite westliche Verein, die HZD, errecihte ebenfalls die Anerkennung durch den VDH. Man züchtete hier schwerer, schöner.
Gegenseitige Vorwürfe:
"Ihr züchtet Windhunde mit langem Fell!"
"Und ihr züchtet Rottweiler mit langem Fell ...."
Nach der WEnde 1989 kam es zum Zusammenschluss der Ost- und Westvereine; es gründete sich auch noch ein dritter anerkannter Verein, der HC.
Die genetische Breite des Hovawart ist beträchtlich. Es gibt keinen "genetischen Flaschenhals" wie bei den meisten anderen Rassen. Dafür gibt es auch nicht unbedingt ein einheitliches Exterieur. Der Hovawart kann leicht gebaut sein oder schwer, sehr seidig und langfellig oder eher kürzer (so wie Zorbas) , er kann Gebrauchseigenschaften aufweisen oder auch nicht.
Normalerweise wünscht man sich eine hohe Verteidigungsbereitschaft und eine gute Führigkeit.
Weist ein Hovawart eine niedrige Reizschwelle auf, dann ist das Leben nicht leicht mit ihm. Daher wird Priorität auf seine Wesensfestigkeit gelegt.
Der Hovawart gilt nich gerade als Anfängerhund. Er ist kein Rekrut! Er braucht ein Händchen!
Von seinen Fans wird er besungen wie kaum ein anderer Hund - außer vielleicht dem Spitz. Im Hovawart-Forum finden sich zur Zeit Gedichte über ihn, ich werde mal eins klauen gehen.
Hovawart und Spitz sind für mich das absolute Dream Team!
Liebe Grüße